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Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg
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Den Milchharnstoffwert im Auge behalten

Zu hohe Milchharnstoffwerte (MHW) sind in vielerlei Hinsicht unerwünscht: sie belasten die Leber und die Fruchtbarkeit der Kuh, das Portemonnaie der Betriebsleitenden und schaden der Umwelt. Doch der Reihe nach…

Der Milchharnstoffgehalt ist ein Abbild der Fütterung

Das über die Fütterung aufgenommene Rohprotein wird im Pansen mit Hilfe der Pansenmikroben zu Ammoniak abgebaut. Dieser Ammoniak wird von anderen Mikroben wiederum als Nahrung benötigt. Damit der angefallene Ammoniak von den Pansenmikroben optimal verwertet werden kann, ist gleichzeitig pansenverfügbare Energie nötig. Nur so sind die Kleinstlebewesen im Pansen ausgeglichen versorgt und können eine grosse Menge an Mikrobenprotein bilden, das dann wiederum von der Kuh genutzt werden kann.

Ist im Pansen im Verhältnis zum Ammoniak zu wenig Energie vorhanden, läuft die Synthese von Mikrobenprotein nicht optimal. Da Ammoniak sehr giftig ist, muss der Überschuss in der Leber entgiftet werden. Dort wird Ammoniak zu Harnstoff umgebaut und hauptsächlich über den Harn, aber auch über die Milch ausgeschieden. Hohe MHW von über 27 mg/dl zeigen an, dass im Pansen deutlich mehr Ammoniak anfällt, als die Pansenmikroben verwerten können.

Die Leber muss es richten, die Fruchtbarkeit leidet

Die Leber der Kuh ist die wichtigste Stoffwechselzentrale und spielt auch bei der Immunabwehr eine entscheidende Rolle. Wenn die Leber mit der Entgiftung des Ammoniaks stark beansprucht ist, bleibt weniger Kapazität für das Immunsystem. Dadurch steigt die Infektionsanfälligkeit für Euterentzündungen, Mortellaro und weitere Krankheiten an. Weiter wird beim Umbau von Ammoniak zu Harnstoff viel Energie benötigt. Somit steht der Kuh weniger Energie zur Verfügung, was insbesondere in der Startphase das Ketoserisiko erhöht.

Bei einem Proteinüberschuss ist der Harnstoffgehalt auch im Brunstschleim, im Scheidensekret und in der Follikelflüssigkeit rund um die Eizelle erhöht. Das erschwert dem Embryo das Anwachsen in der Gebärmutter und erhöht die Anzahl Frühaborte

 Milchharnstoffwert und Umwelt

Je höher der MHW, desto höher ist auch die Stickstoffausscheidung im Harn. Dies wiederum führt zu erhöhten Ammoniakemissionen, welche für empfindliche Ökosysteme wie Wälder, Trockenwiesen und Moore ein Risiko darstellen. Um die Artenvielfalt und die Gesundheit aller Ökosysteme beizubehalten, müssen die Ammoniakemissionen gesenkt werden. Zu diesem Zweck hat der Aargauer Regierungsrat den Massnahmenplan Ammoniak (MPA) verabschiedet. Mit technischen, baulichen und betrieblichen Massnahmen sollen die Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung bis ins Jahr 2030 um 15 Prozent reduziert werden.

Der MPA umfasst 11 Massnahmen, die von der Nationalen Drehscheibe Ammoniak empfohlen werden und deren Wirkung und Praxistauglichkeit belegt sind. Die Umsetzung des MPA erfolgt etappiert.

Die Massnahme M9A sieht vor, den durchschnittlichen jährlichen MHW der milchabliefernden Betriebe um 2 mg/dl Milch zu reduzieren. Als Referenz gilt dabei der durchschnittliche MHW der Jahre 2018-2020, der 21 mg/dl Milch Seite 2 betrug. Damit dieses Ziel eingehalten werden kann, sind alle Betriebe gefordert, die MHW ihrer Herde laufend zu überprüfen und falls nötig Rationsanpassungen vorzunehmen, um Proteinüberschüsse zu vermeiden.

Gekoppelt an die oben beschriebene Massnahme ist die Massnahme M9B. Diese ermöglicht es Betrieben, die einen jährlichen MHW von über 27mg/dl haben, eine kostenloste Beratung durch die Liebegg in Anspruch zu nehmen. Diese Beratung soll dazu beitragen, das Optimum zwischen einer guten Milchleistung und einer stickstoff- und kosteneffizienten Fütterung herauszuholen.

Wo kann ich den MHW meiner Herde überprüfen?

Auf der Webseite www.dbmilch.ch findet jeder milchabliefernde Betrieb den Vergleich seiner MHW mit den Werten anderer Betriebe aus der Region.

Autorin

Sandmeier Esther

Tierhaltung

Esther Sandmeier
062 855 86 59 esther.sandmeier@ag.ch
Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg
Liebegg 1
5722 Gränichen, CH
062 855 86 55
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