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Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg
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Gutes Kolostrum – gesunde Kälber

Die optimale Kälberbetreuung ist eine der wichtigsten Grundlagen für eine erfolgreiche Mutterkuhhaltung. Denn nur Kälber die gesund und in einem genau auf ihre Bedürfnisse ausgerichteten Umfeld aufwachsen, entwickeln sich frohwüchsig und erreichen maximale Schlachtgewichte mit bester Taxierung. Ein guter Start beginnt für die Kälber schon im Mutterleib und bei der Geburt.

Direkt nach dem Abkalben geht es sofort mit der bestmöglichen Kolostrumversorgung weiter. Vor allem die Bedeutung der Biestmilch (Kolostrum) in den ersten Lebensstunden ist für die Entwicklung gesunder und widerstandsfähiger Kälber äusserst zentral. Dazu sind folgende Punkte wichtig zu wissen:

  • Kälber werden ohne Abwehrstoffe geboren
  • Kolostrum enthält die Antikörper des Muttertiers, die das Kalb benötigt
  • Kolostrum-Qualität kontrollieren und Aufnahme überwachen
  • Kolostrum-Qualität fördern indem Rinder möglichst lange vor der Abkalbung in die Herde integriert werden.

Welche Funktion hat das Kolostrum?

Die Kälber werden ohne eigene Abwehrstoffe geboren. Damit sind die Jungtiere mit dem Zeitpunkt der Geburt sofort gefährdet durch die sie umgebenden Bakterien, Viren und andere Krankheitserreger.

Die Ursache liegt darin, dass während der Trächtigkeit die Blutkreisläufe von Kuh und Kalb komplett getrennt sind. Die Abwehrstoffe des Muttertiers können daher nicht auf das Kalb übertragen werden. Diese Übertragung erfolgt dann erst mit der Aufnahme des Kolostrums.

Diese Kolostralmilch ist damit der erste und vor allem lebenswichtigste Schritt zum Aufbau der körpereigenen Abwehr des Kalbs. Sie enthält die Abwehrstoffe des Muttertiers in Form der Immunglobuline (Antikörper), die das erwachsene Tier von der eigenen Mutter, durch Impfungen oder durch eigene Krankheitsbekämpfung im Laufe der Zeit gebildet hat. Auch für die Darmentwicklung und die Ausbildung einer leistungsfähigen Verdauung ist die Biestmilch wichtig.

Die Zeit spielt bei der Verabreichung des Kolostrums eine besonders entscheidende Rolle. Der Dünndarm des Kalbs ist nämlich nur für wenige Stunden nach der Geburt durchlässig für die wichtigen Immunglobuline aus der Kolostralmilch. Nach etwa 6 Stunden beginnt sich die Blut-Darm-Schranke langsam zu schliessen und bereits nach 24 Stunden können kaum mehr Antikörper in den Blutkreislauf aufgenommen werden.

Verabreichung der Kolostralmilch

Idealerweise finden die Kälber möglichst schnell nach der Geburt das Euter ihrer Mutter. Die Kälber müssen möglichst schnell, so viel wie möglich und in guter Qualität Kolostralmilch trinken. So kann man die Kolostrumverabreichung zusammenfassen. Dabei sollten folgende Hinweise beachtet werden:

Maximum in den ersten Lebensstunden

Die Liter- und Zeitangaben für die optimale Kolostrumversorgung variieren immer ein wenig, doch im Prinzip sind sich alle Fachpersonen einig: je schneller desto besser und je mehr, desto besser!

Kälber beobachten, Kolostrum aktiv geben

Es ist besonders wichtig, die Biestmilchaufnahme zu kontrollieren und die Kälber gut zu beobachten. Das Kolostrum ist für die gesunde Entwicklung der Kälber essenziell. Wird die Kolostrumaufnahme nicht überwacht, nimmt etwa die Hälfte der Kälber deutlich zu wenig oder zu spät Biestmilch auf.

Qualität der Biestmilch in den ersten 2 Stunden am höchsten

Die Schnelligkeit der Verabreichung der Kolostralmilch ist im Hinblick auf die Qualität entscheidend. In den ersten ein bis zwei Stunden nach der Geburt ist die Konzentration der Antikörper in der Biestmilch am höchsten. Danach nimmt der Anteil der Immunglobuline kontinuierlich ab. Auch durch den Verdünnungseffekt sinkt der Antikörpergehalt in der Milch. Dies vor allem bei Kühen, die eine hohe Milchleistung nach der Geburt ausweisen. Kolostrum sollte daher zügig von den Kälbern getrunken werden.

Drenchen nur im Notfall

Die Verabreichung des Kolostrums durch Drenchen sollte nur durchgeführt werden, wenn ein Kalb nicht freiwillig trinkt (selbstständig am Euter oder per Nuggi am Schoppen). Das Vorgehen dient als Notlösung zum Beispiel, wenn ein Kalb keinen Schluckreflex hat. Wichtig: Das Drenchen muss absolut korrekt durchgeführt werden. Keinesfalls darf der Schlauch versehentlich in die Luftröhre geführt werden, denn Milch in der Lunge ist fast immer tödlich. Drenchen sollte daher nur von erfahrenen Personen durchgeführt werden.

Biestmilch in den ersten Lebenstagen

Die Biestmilch hat auch nach den ersten Lebensstunden seine Wirkung. Zwar ist die Blut-Darm-Schranke geschlossen, doch die Antikörper können im Darm selbst lokal wirken und zum Beispiel Durchfallerreger direkt abwehren.

Biestmilch-Vorrat anlegen

Auch Mutterkuhbetriebe sollten ein Vorrat an Biestmilch von Kühen aus dem eigenen Bestand eingefroren haben. Das überschüssige Kolostrum einer älteren, bereits lange im Bestand lebenden Kuh kann dann portionsweise in 0,5 bis 1.5 l grossen Beuteln oder Plastikflaschen eingefroren werden. Vorräte sollten zwingend datiert werden. Kolostrum ist bei -20 °C ein Jahr lang haltbar. Zur Verwendung der Reserven muss die gefrorene Biestmilch vorsichtig im Wasserbad bei maximal 40 °C aufgetaut werden. Höhere Temperaturen können die hitzeempfindlichen Antikörper zerstören.

Qualität der Biestmilch mit Kolostrometer überprüfen

Um die Qualität der Biestmilch zu überprüfen, empfiehlt sich der Einsatz eines Kolostrometers. Auf diese Weise kann der Antikörpergehalt über eine Dichtemessung der Milch überprüft werden. Auch die Prüfung mit einem Refraktometer ist möglich. Dabei wird vom Lichtbrechungsvermögen der Milch auf die Qualität Rückschluss genommen.

Überprüfung via Blutproben

Um die Qualität der Kolostrumversorgung bei Jungtieren zu überprüfen, kann mittels Blutprobe bei Kälber / Beef der Gesamtproteingehalt ermittelt werden. In Problemfällen lohnt es sich jährliche Blutproben von gesunden Kälbern zu nehmen und analysieren zu lassen. Auf diesem Weg können Rückschlüsse auf die Kolostrumqualität und Trinkverhalten der Kälber gezogen werden. Um das Erkrankungsrisiko tief zu halten, sollte der Gesamtproteingehalt mindestens 55 g/l Blutserum betragen.

Autor

Spörri Reto Liebegg

Leitung Bildung Landwirtschaft / Tierhaltung

Reto Spörri
062 855 86 28 reto.spoerri@ag.ch
Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg
Liebegg 1
5722 Gränichen, CH
062 855 86 55
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